Die angeführten Dokumente behandeln die Große Koalition aus ÖVP und SPÖ und ihr Verhältnis zu den Oppositionsparteien VdU bzw. FPÖ und KPÖ im Zeitraum von 1952/53 bis Mitte der 1960er Jahre.
Bei den NR-Wahlen 1953 erreichte die SPÖ die meisten Stimmen, doch aufgrund der Wahlarithmetik blieb die ÖVP mit einem Mandat Vorsprung stärkste Partei. Die ÖVP erhielt 74, die SPÖ 73 Mandate. Julius Raab löste Leopold Figl als Bundeskanzler und auch als ÖVP-Parteiobmann ab und bildete das Kabinett Raab I. Adolf Schärf (SPÖ) blieb Vizekanzler. Der 1949 zugelassene „Verband der Unabhängigen“ (VdU), der 1953 gemeinsam mit der „Aktion zur politischen Erneuerung“ als „Wahlpartei der Unabhängigen“ (WdU) firmierte und aus dem 1956 die FPÖ hervorgehen sollte, sank von 16 auf 14 Mandate. Die Kommunistische Partei Österreichs (KPÖ), die mit einem Bündnis aus „Linkssozialisten“ (Sozialistische Arbeiterpartei, SAP) um den ehemaligen SPÖ-Zentralsekretär Erwin Scharf und „Demokratischer Union“ (DU) um Josef Dobretsberger als Liste „Volksopposition“ (VO) antrat, sank trotz leichter Stimmengewinne von 5 auf 4 Mandate.
Der Wahlkampf war nicht frei von Untergriffen. Mit dem Übertritt Willfried Gredlers von der ÖVP zur konservativen, von 1951 bis 1956 existierenden und von Ernst Strachwitz geführten „Aktion zur politischen Erneuerung“, die mit dem VdU kooperierte, fühlte sich Gredler von ÖVP-nahen Medien angegriffen, worauf er sich im September 1952 beim Generalsekretär der ÖVP, Alfred Maleta, beschwerte. (Dokument 1) In einer Rede im Rundfunksender „Rot-Weiß-Rot“ vom Jänner 1953 beklagte sich wiederum Maleta über die „manchmal unfaßbar gehässigen Angriffe“ des VdU. Die ÖVP führe „den Wahlkampf sachlich“. Maleta setzte sich mit den Vorwürfen des VdU auseinander, die ÖVP sei gegenüber der SPÖ „zu nachgiebig gewesen“. Laut Maleta müsse auch der VdU „anders handeln, als er heute spricht, wenn er eine Regierungsverantwortung zu tragen hätte.“ Maleta „hasse den Proporz“, aber nur so könne der Einfluss der SPÖ eingedämmt werden. Maleta wies auf das deutschnationale Milieu etlicher ÖVP-Direktoren der Verstaatlichten Industrie hin, befasste sich mit dem Parteinamen des VdU und machte die Alliierten dafür verantwortlich, dass in Schulzeugnissen statt von „deutscher Sprache“ von „Unterrichtssprache“ gesprochen werde. „Was nützen in VdU-Versammlungen nazistisch angetönte Phrasen, wenn sie der kommunistischen Propaganda die Möglichkeit bieten, den VdU und damit einen Teil der österreichischen Bevölkerung […] als neonazistisch zu verdächtigen?“ Die „Ehemaligen“ seien bei der ÖVP besser vertreten als beim VdU. (Dokument 2)
Im Mai 1953 berichtete der Staatssekretär im Innenministerium Ferdinand Graf (ÖVP) Maleta über den VdU-Bundestag. Laut Hauptredner Fritz Stüber ziele der VdU auf ein „Vereintes Europa“ unter der „Führung einer europäischen Macht (Deutschland)“. Gegenüber „schwarzen“ und „roten“ Strömungen im VdU betonte er den eigenständigen Weg als parlamentarische Partei. Es gehe nicht an, „daß man die Wähler für eine falsche Sache mißbrauche, denn ansonsten hätten sie ja gleich ‚Schwarz‘ oder ‘Rot‘ wählen können.“ (Dokument 3) Auf einer Versammlung der „Aktion zur politischen Erneuerung“ im Juli 1953, an der nur wenige Personen, darunter Gredler, Strachwitz und Max Herzele, teilnahmen, wurde ein Übertritt in den VdU abgelehnt. (Dokument 5)
Im Auftrag des BK Raab übermittelte Lukas Beroldingen vom Sekretariat des Bundeskanzleramtes im Oktober 1953 einen Bericht über die Amerikareise von Herbert Kraus, Mitgründer des VdU, an Maleta. Kraus, der den Bericht selbst verfasst hatte, sprach mit hochrangigen US-Vertretern. Österreich wolle „nur die Russen an den Verhandlungstisch bringen […]. Wir fühlen uns gegen Kommunismus und Umsturzversuche immun“ und haben „keine Angst vor strategischem Vakuum.“ Kraus war es wichtig, dass „die Neonaziverleumdung des VdU […] widerlegt“ und die Skepsis gegenüber dem VdU zurückgedrängt sei. „Möglichst überall ‚Verhältnisse wie bei Adenauer‘ zu schaffen,“ sei Ziel der USA. Auf seiner Reise hatte Kraus „keine Kritik an der Regierungspolitik“ geübt. (Dokument 6)
Graf unterrichtete die ÖVP regelmäßig über den VdU, die „Freiheitliche Sammlung Österreichs“ (FSÖ) und den „Bund heimattreuer Jugend“ (BHJ), u. a. zum Ausschluss von Fritz Stüber, Vertreter eines „nationalen“ Kurses, aus dem VdU. Stüber arbeitete mit dem VdU-Jugendreferenten und Führer des BHJ Steiermark, Ferry Mayr, der u. a. „Freikorps“ gründete, zusammen. Mayr und der Vorstand des BHJ Graz wurden im Oktober 1953 wegen neonazistischer Tätigkeit verhaftet. Wegen Mayrs Umtrieben eskalierte der Streit zwischen Stüber und VdU-Obmann Max Stendebach. Stüber gründete nach seinem Parteiausschluss die FSÖ und zog Teile des Wiener VdU auf seine Seite. Die Streitigkeiten waren auch von Homophobie geprägt. (Dokument 7)
Im Jänner 1954 berichtete Graf an Maleta über einen geplanten Besuch von Stendebach und Kraus bei der FDP. Die Erschließung neuer Finanzen sei „eine Lebensfrage geworden“, da viele Industrielle seit den Zerfallserscheinungen im VdU und dem Ausschluss Stübers Zuwendungen gesperrt hatten. (Dokument 8)
Im selben Monat fand ein a. o. Verbandstag des VdU Steiermark statt. In einem Bericht über das Referat des Landesverbandsobmanns Herbert Schweiger hieß es im Hinblick auf die zukünftige politische Orientierung, der VdU habe die erste Etappe, „Durchbrechung des NS-Gesetzes und die deutsche Frage – erreicht“. Beifall erhielt Schweiger für seine Äußerung, Österreich „ist ein deutscher Staat. Seine Politik muß dem gesamten deutschen Volk dienen und nicht gegen einen zweiten deutschen Staat gerichtet sein.“ Der VdU strebe eine „soziale Ordnung im Rahmen der Volksgemeinschaft“ an, der „schaffende Mensch muß Mittelpunkt der Gesellschaftsordnung sein“, in der das „Führerprinzip“ gelte. Das „Kapital und die Wirtschaft sind Mittel zur sittlichen Entwicklung des Volkes“. Es sei eine „besondere Aufgabe, die Marxisten in Österreich zu bekämpfen und den schaffenden Arbeiter zurückzugewinnen“. Zum Symbol wurde die „Lebensrune“ erkoren.
Das Dokument enthält auch einen Bericht zur Gründungsversammlung der FSÖ im Jänner 1954, bei der VdU-Mitgründer Kraus mangelnder Patriotismus vorgeworfen wurde. Der ehemalige VdU-Funktionär und zukünftige FSÖ-Bundesobmann Fritz Ursin bemerkte, dass „Dr. Kraus Listen von arisierten Betrieben angefertigt habe und diese einer jüdischen Organisation verkaufte. Bei diesen Worten wurden Zwischenrufe wie ‚Ami-Agent‘, ‘Judensöldling, Schwein u. dgl.‘ laut.“ Fritz Stüber „forderte u. a. die Beseitigung der NS-Gesetzgebung und des damit verbundenen Unrechts“. Er verlangte die „Förderung des deutschen Volkstums, Kampf gegen jeglichen schädlichen Einfluß ausländischer Bräuche und Sitten“. (Dokument 11)
Der VdU war von Flügelkämpfen zwischen Konservativen und „Nationalen“ geprägt. Der steirische Landesobmann Schweiger (im Bericht fälschlich „Schwaiger“) strebte Anfang 1954 eine „Nationale Arbeiterpartei“ (NAP) an (siehe auch Dokument 11 0). Nachdem Schweigers Pläne vom VdU „weitestgehend“ akzeptiert wurden, gab er die Abspaltung auf. (Dokument 12)
Der VdU trat unter verschiedenen Listenbezeichnungen zu Wahlen an. Ende Juli 1954 trafen sich in Graz die „Wahlgemeinschaft der Nationalen“, die „Nationale Liga“ und das „Komitee zur nationalen Einigung“. Es sollte ein Kontakt mit der „Arbeitsgemeinschaft parteiloser Betriebsräte und Arbeitnehmer“ zur Aufstellung einer gemeinsamen Liste für die Arbeiterkammer-Wahlen hergestellt werden. Eine Zusammenarbeit scheiterte, u. a. weil der „Nationalen Liga“ vorgeworfen wurde, „kryptokommunistisch“ zu sein. (Dokument 13)
Graf beschäftigte sich im September 1954 auch mit dem Verhältnis von FDP und VdU. Der Politiker und Verleger Friedrich Middelhauve (FDP), Vertreter des rechten Parteiflügels, pflege Kontakte zu Nazikreisen und zum VdU in Österreich. (Dokument 14)
Im Jänner 1954 analysierte SPÖ-Klubobmann Bruno Pittermann in einem vertraulichen Papier u. a. das Verhältnis des VdU zur ÖVP. „Die Position des VP-treuen Flügels um Kraus, [den 3. Nationalratspräsidenten Karl] Hartleb und Stendebach“ sei von Stüber und von „VdU-treuen Antiklerikalen […] angefressen“, wobei Pittermann überlegte, wie die Krise des VdU für das koalitionäre Verhältnis der SPÖ zur ÖVP genutzt werden könne. „Das ‚mir san 88‘“ der ÖVP bei der Regierungsbildung müsse „sichtbar heimgezahlt werden“ (Dokument 9) – Raab hatte die Koalitionsverhandlungen 1953 mit diesem Spruch (74 ÖVP + 14 WdU) begonnen. BP Körner hatte laut Oliver Rathkolb (2015, S. 86) einen „von Raab bereits fertig ausgehandelten Koalitionspakt“ mit dem WdU verhindert.
Im Juni 1953 informierte Felix Slavik (SPÖ) Vizekanzler Schärf über eine Parteien-Vereinbarung zwischen ÖVP und WdU und dass beide eine „wirksame[.] Sicherung und Wiederherstellung der Freiheit der Einzelpersönlichkeit gegen alle Formen des Kollektivismus“ anstrebten. (Dokument 4)
In einem von Oskar Helmer (SPÖ) verschickten Erinnerungsvermerk zu einer Aussprache mit BK Raab im Jänner 1954 über koalitionäre Differenzen heißt es von Seiten des Autors, BK Raab strebe trotz persönlicher Ablehnung des VdU eine Nutzung des koalitionsfreien Raumes an. (Dokument 10, S. 5)
Der VdU und die FPÖ wurden jedoch auch von der SPÖ umworben. Für die oberösterreichischen Landtagswahlen 1955 einigten sich SPÖ und VdU, ihren Wahlkampf „vor allem auf Verhinderung einer ÖVP-Mehrheit im o. ö. Landtag auszurichten“. (Dokument 17)
Kurz vor der NR-Wahl 1956 teilte VK Schärf (SPÖ) den FPÖ-Vertretern Anton Reinthaller, Stendebach und Emil van Tongel mit, „dass die SPÖ bereit sei […] mit der FPÖ nach den Wahlen zusammenzuarbeiten“. (Dokument 18) Die Wahl brachte der SPÖ zwar Stimmengewinne und 74 Sitze, doch die ÖVP erreichte 82 Mandate, die FPÖ, die aus dem VdU hervorgegangen war, verlor 2 Mandate. Aufgrund des ÖVP-Wahlerfolgs drohte BK Raab in den Koalitionsverhandlungen mit der SPÖ mit der Bildung einer Koalition mit der FPÖ. (Dokument 20)
Im Zuge des Bundespräsidentschaftswahlkampfs 1957, bei dem Wolfgang Denk als gemeinsamer Kandidat von ÖVP und FPÖ gegen Adolf Schärf (SPÖ) antrat, übermittelte STS Kreisky an Vizekanzler Schärf den Brief eines Schulfreundes und FPÖ-Funktionärs. Die SPÖ solle der FPÖ eine Regierungsbeteiligung anbieten. (Dokument 21) Im Rahmen der Denk-Kandidatur hatten ÖVP und FPÖ nach Informationen der SPÖ geheime Absprachen bezüglich Nationalrats-Wahlordnung und des NS-Amnestiegesetzes geschlossen. (Dokument 22)
In einem Strategiepapier formulierte der ehemalige Wiener Stadtrat und Minister NR Alfred Migsch (SPÖ) Grundsätze einer „dritte Kraft Politik“ nach dem Salzburger Parteitag der FPÖ 1958 und der Wahl Friedrich Peters zum FPÖ-Bundesparteiobmann. In dem Papier gab er auch die Stimmung unter FP-Funktionären nach dem „Sieg der Jungen“ auf dem Parteitag wieder. (Dokument 24)
Im Jänner 1959 warf die Salzburger Landes-FPÖ der ÖVP vor, eine konkurrierende FPÖ-Gruppe finanziell zu unterstützen. (Dokument 25)
Das Verhältnis zur KPÖ
Staatssekretär Graf berichtete im November 1954 an Maleta über ein 5-Punkte-Programm der KPÖ. Die KPÖ, im Bündnis „Volksopposition“ (VO), verlagere ihre politische Agitation gegen „Neofaschismus“ und „neuen deutschen Militarismus“ nach der Wahlniederlage des VdU 1953 stärker in Richtung ÖVP und wolle dazu vermehrt die Straße als Agitationsmittel wählen. Die „Gewerkschaftliche Einheit“ thematisierte die Teuerung und verlangte Lohnerhöhungen. ZK-Sekretär Friedl Fürnberg habe in „Verzerrung der historischen Tatsachen […] der Sowjetunion allein das Verdienst [zugesprochen], nach dem 2. Weltkrieg wieder ein unabhängiges Österreich geschaffen zu haben und bezeichnete die Sowjetunion […] als ‘stärksten Schutz für Österreichs Unabhängigkeit‘“. Im Blickfeld waren auch Aktivitäten von internationalen kommunistischen Vorfeldorganisationen wie dem Weltfriedensrat oder dem Weltgewerkschaftsbund. (Dokument 15)
Parteiobmann Johann Koplenig (KPÖ, VO) übermittelte Raab im März 1955 den Beschluss eines Kongresses der VO, wonach die Regierung einer Anregung des sowjetischen Außenministers Molotow nachkommen und Staatsvertragsverhandlungen aufnehmen solle. (Dokument 16)
Nach den NR-Wahlen 1956 kam eine Kommission des SPÖ-Parteivorstands, die die Gründe der Wahlniederlage analysierte, zu dem Schluss, dass auch das Verhältnis zur KPÖ „einer Klärung bedarf“, etwa im Hinblick auf die „Unterwanderung unserer Organisation durch die Kommunisten“. (Dokument 19, S. 7)
Ein Bericht des Staatssekretärs im Innenministerium Franz Grubhofer (ÖVP) an die ÖVP-Bundesparteileitung aus dem Frühjahr 1958 zu Aktivitäten der KPÖ (ZK-Tagung, Parteikonferenz etc.) bietet einen guten Einblick in die politischen und taktischen Einschätzungen der ÖVP gegenüber der Kommunistischen Partei. Selbst innerhalb der KPÖ sei klar, dass aufgrund der Kleinheit der Partei ein Weg zur „Volksdemokratie“ aus eigener Kraft nicht zu verwirklichen sei. Die KPÖ mache jedoch – etwa für die Ergebnisse von Betriebsratswahlen – „nicht etwa eine mangelnde Anziehungskraft der kommunistischen Idee“, sondern mangelnde Aktivität der Betriebsfunktionäre für den eigenen Niedergang verantwortlich. (Dokument 23)
Nach den NR-Wahlen 1959
Bei den NR-Wahlen 1959 wurde die SPÖ stimmenstärkste Partei, doch aufgrund der Wahlarithmetik bekam die ÖVP ein Mandat mehr. Die Große Koalition unter BK Raab wurde fortgesetzt. Die SPÖ hatte 4 Mandate, die FPÖ 2 Mandate gewonnen, die ÖVP 3 verloren. Die KPÖ verlor ihre 3 Mandate und schied aus dem Parlament aus.
Laut Bericht von STS Grubhofer versuche die KPÖ nach dem Ausscheiden aus dem Parlament, die Parteikader und die Betriebsorganisationen zu erhalten und erhoffe sich durch eine „Hebung des Niveaus der Parteipresse“ und „durch die Weltjugendfestspiele in Wien neue Impulse“. Auch die Kommunistischen Parteien der Oststaaten seien über das Wahlergebnis der KPÖ sehr beunruhigt. (Dokument 27)
Mit dem Ausscheiden der KPÖ aus dem Parlament, die an der mangelnden Attraktivität ihres Programms und am antikommunistischen Grundkonsens Österreichs scheiterte, war die FPÖ die einzige Oppositionspartei im Parlament. Im Hinblick auf das Verhältnis zur FPÖ betonte Vizekanzler Pittermann in den Koalitionsverhandlungen mit BK Raab, keine Verhandlungen mit VdU bzw. FPÖ zu führen. Man sei „mit dem Wahlprogramm der Zusammenarbeit in den Wahlkampf gezogen und habe[.] die Zusammenarbeit mit der FPÖ auch während des Wahlkampfes abgelehnt“. (Dokument 28)
FPÖ-Obmann Friedrich Peter schwor seine Wähler_innen auf die Oppositionsarbeit ein (Dokument 26) und bediente sich dabei auch offen rechtsradikaler Sprache. In einer Versammlung in Salzburg erklärte Peter, Österreich sei für die FPÖ „kein Lippenbekenntnis, sondern der Begriff des Vaterlandes“. Es müsse allerdings „ein sauberer Vaterlandsbegriff sein, der nicht besudelt sein dürfe von den Deserteuren und Widerstandskämpfern“. (Dokument 29)
Im Hinblick auf ein Ersuchen des FPÖ-Fraktionschefs Gredler bezüglich Fristverlängerung und Erhöhung der Entschädigung zum Kriegsdienstgeschädigtengesetz (Dokument 30) lehnte BM Klaus diesen Wunsch v. a. aus finanziellen Gründen ab. (Dokument 31)
Nach den NR-Wahlen 1962 einigten sich ÖVP und SPÖ in ihrem Koalitionsabkommen auf eine verstärkte proporzmäßige Besetzung von Rundfunk und Fernsehen, die, an die Öffentlichkeit gelangt, für starken Widerspruch sorgte. Dem FPÖ-NR van Tongel, der dazu eine parlamentarische Anfrage stellte, teilte BK Gorbach (ÖVP) mit, dass „Politiker und Fachmann […] keine kontradiktorischen Gegensätze“ seien. (Dokument 32)
Der Umgang der Großparteien mit den Oppositionsparteien schwankte im Zeitraum der präsentierten Quellen zwischen Vereinnahmungs- und Manipulationsversuchen gegenüber VdU/WdU/FPÖ und Ausgrenzung gegenüber der KPÖ, die 1959 aus dem Nationalrat ausschied. Weder ÖVP noch SPÖ störten die „nazistischen“ Umtriebe der FPÖ. Besorgt war man höchstens über das negative Bild, das Österreich dadurch im Ausland abgeben könnte. Beide Großparteien versuchten, die „dritte Kraft“ auf ihre jeweilige Seite zu ziehen und als Stütze ihrer Politik zu gewinnen. VdU/WdU/FPÖ wollte wiederum das „Zünglein an der Waage“ der Macht der Großparteien sein.
Roland Starch, auf Basis eines Projektberichts von Traude Pietsch
Literatur
Herbert Auinger, Anmerkungen zum freiheitlichen Bericht der Historikerkommission. Analysen und Materialien zur Geschichte des Dritten Lagers und der FPÖ, o. O., 2020. URL: https://cba.fro.at/608490 (7.7.2023).
Peter Autengruber, Kleinparteien in Österreich 1945 bis 1966, Innsbruck–Wien 1997.
Walter Baier, Das kurze Jahrhundert. Kommunismus in Österreich. KPÖ 1918 bis 2008, Wien 2009.
Bericht der Historikerkommission. Analysen und Materialien zur Geschichte des Dritten Lagers und der FPÖ (hrsg. vom Freiheitlichen Bildungsinstitut), Wien 2019.
Lothar Höbelt, Aufstieg und Fall des VdU. Briefe und Protokolle aus privaten Nachlässen 1948–1955, Köln–Wien–Göttingen 2015.
Manfred Mugrauer, Die Politik der KPÖ in den Jahren 1945 bis 1955/56, in: Ders. (Hg.), 90 Jahre KPÖ. Studien zur Geschichte der Kommunistischen Partei Österreichs, Wien 2009, 37–52.
Ders., Die Politik der KPÖ 1945–1955. Von der Regierungsbank in die innenpolitische Isolation, Göttingen 2020.
Oliver Rathkolb, Die paradoxe Republik. Österreich 1945 bis 2015, Wien 2015.
Margit Reiter, Inklusion und Exklusion. Zur politischen Formierung ehemaliger NationalsozialistInnen im Verband der Unabhängigen (VdU) und in der frühen FPÖ, in: Zeitgeschichte, 44. Jg., Heft 3/2017, 143–159.
Dies., Die Ehemaligen. Der Nationalsozialismus und die Anfänge der FPÖ, Göttingen 2019.